Donnerstag, 17. Juli 2014

Torstens Genusskommentar: Bourg en Bresse – Saint Étienne

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Bourg en Bresse – Saint Étienne

Die heutige Touretappe startet und endet in zwei Städten, durch die ich seit 1990 bis heute häufig durchgefahren bin, in denen ich aber nie einen Besichtigungsstopp machte – durch beide Städte bin ich erst in diesem Jahr auf der Rückfahrt von der Fira gekommen. Vielleicht tue ich beiden Städten Unrecht, aber ich halte sie nicht für so übermäßig sehenswert und zudem fühle ich mich in kleineren Orten oft wohler, wie eben in Arbois gestern...
Aber bei beiden Städten bin ich auch schon mittendurch gefahren und nicht nur außenrum, wie es ja auch mit Bourg en Bresse seit einigen Jahren recht anständig geht.

Zu Beginn führt die Strecke zunächst schnurgerade aus und kratzt dabei die Dombes, eine flache Landschaft mit Hunderten, vielleicht Tausenden kleiner Teiche. Entsprechend hoch ist dort die Gefahr, sich von Mücken zerstechen lassen zu müssen, dennoch ist die Landschaft recht schön und wurde auch von mir per Rad schon des öfteren auf kleinen Straßen erkundet. Neben Mücken und Fischen gibt es natürlich auch jede Menge Wasservögel, die sich hier an vielen Plätzen gut beobachten lassen. Die ganz kleinen Straßen dort diagonal durch sind kaum befahren und eignen sich daher bestens zum Radeln. Am ausführlichsten haben wir das 1994 gemacht, auf der bereits bei Arbois angesprochenen Radtour, die dereinst am Genfer See begann und über die Voralpengebirge rüber ins Zentralmassiv, dann einen weiten Bogen um Lyon schlagend ins Beaujolais und Burgund führte und wo wir schließlich über das Jura die Schweiz wieder erreichten, um mit dem Zug heim zu kommen.

Bei jenem Bogen um Lyon kamen wir von Perouges aus in die Dombes, wir sind dann allerdings etwas südlicher in das Beaujolais Gebiet gefahren als es heute die Streckenführung vorsieht.
Damit haben wir die Strecke von heute 1994 nicht mal gequert. Wir wollten vor dem Beaujolais noch Ars sur Formans besuchen. Dieser Ort ist die Heimat von Jean-Baptiste-Marie Vianney, dessen Skulptur uns in vielen Kirchen Burgunds, der Bresse und des Jura immer wieder aufgefallen war, bei uns hieß er einfach nur „der witzige Heilige“, aber die oft lustige Darstellung seiner Gesichtszüge ließ uns letztlich auf der Radtour auch in „sein Dorf“ „pilgern“.

Der witzige Heilige...

Der Sprint wird in Romanèche – Thorins ausgefahren, in dem Ort, in dem Georges Duboeuf seinen „Wein-Bahnhof“ hat. Das kann man begrüßen oder bedauern, je nachdem, wie man zu dem „Riesen“ des Beaujolais steht. Die Einen werden sagen: „Bloß gut, das hier noch mal richtig beschleunigt wird...“, die anderen werden es bedauern und sagen:“ Es ist doch nicht alles Mist, was der Duboeuf hier macht...“ Ich gehöre eher zur letzteren Fraktion. Ich habe den Weinbahnhof dreimal mit dem Rad angesteuert 1993, 1994 und nochmals im November 1997, nur wenige Tage nach dem Fest des Beaujolais Primeur, welches damals weitaus rauschender gefeiert wurde als heute. Auch ich kaufe heute fast keinen Primeur mehr, eine Zeitlang hatte das aber auch für mich zusammen gehört – von Ende November bis gegen das Jahresende gab es bei mir gern Zwiebeltorte oder Schmorkohl mit Primeur, in den 90ern durfte es sogar der von Duboeuf sein, später bevorzugte ich kleinere Winzer. Heute trinke ich, wenn schon noch mal was aus dem Beaujolais, dann nur den einen oder anderen Cru. Aber wie auch schon die Weine des Jura, so mochte ich schon sehr zeitig auch die Weine des Beaujolais und bin deswegen auch immer mal wieder gern dort hingefahren. Kein Wunder also, dass ich mich auf den nächsten Kilometern der Etappe wieder wie zu Hause fühle.

La Gare du Vin

So sind mir Fleurie, Morgon und Régniè nicht nur im Glas ein Begriff, ich bin auch in all diesen Dörfern bereits auf den verschiedenen Radtouren gewesen und natürlich haben wir dort auch diverse Winzer besucht, während unserer Radtour 1994 mußten wir sogar in drei verschiedene Keller Morgons, der erste war geplant, der zweite wurde uns von den vor dem Tor sitzenden Winzern förmlich aufgezwungen. Dann ging es so sehr bergan, dass einige von uns schieben mußten und verhängnisvollerweise erneut an einem Winzer vorbei, der uns direkt beim Vorbeikommen an seinem Keller ansprach und uns zu sich in den Keller einlud. Danach waren wir eigentlich fahruntüchtig. Man erklärte uns aber auch, wo wir unweit eine Wiese zum Zelten finden würden. Auf unsere Bitte nach Wasser wurde uns aber nicht nur dieses mitgegeben, nein, auch Wein für den Abend mußten wir noch einstecken.

Irgendwann um 2000 herum bin ich auch noch mal mit dem Auto durch die Gegend gefahren und hatte auch da noch Winzer in Régniè und Fleurie besucht, aber dann verlor ich das Gebiet leider ein wenig aus den Augen. Jetzt, wo es in den letzten Jahren einen gewissen Hype um die Weine zu entdecken gab, hab ich es nicht mehr hin geschafft. Meine letzten Weine aus der Gegend stammten von der Weinmesse in Lille bzw. vom Weihnachtsmarkt in Quedlinburg. Der Wein, den ich hier mitnahm, wird dann wohl in den kommenden Tagen auch als Tourwein herhalten müssen...

Auch an einen Besuch in Brouilly, wo ja heute eine kleine Bergwertung ausgefahren wird, erinnere ich mich noch. Es war ebenfalls mitten in den 90ern und Ende November, als ich einen Sportfreund begleitete, wir waren allerdings mit dem Auto zu einer Tour de France aufgebrochen. Ganz Frankreich in nur 2 Wochen konnte man das damals umschreiben. Wir waren schon auf dem Rückweg und Thomas kam auf die Idee, in Brouilly bei einem Winzer zu fragen, ob wir auf seiner Wiese zelten dürften – dann würden wir mit ihm „ausgiebig was trinken können“, was wir dann auch taten. Thomas hatte es satt, dass ich bei den Winzern unterwegs immer gern verkostete und er mußte fahren, denn ich durfte damals noch nicht. Also war seine Idee, bei Winzern zu übernachten, damit auch er mal trinken konnte, und er trank Wein immer so, als wäre es Bier. Einmal war er bei mir zu Besuch, ich war noch am Kochen und er befüllte schon mal sein Weinglas mit dem guten und nicht gerade billigen Bordeaux und meinte nur: „Deine Gläser sind ganz schön groß, aber ich habe dir noch einen kleinen Schluck in der Flasche gelassen...“. Danach versteckte ich die guten Flaschen immer besser vor ihm und hatte Bier im Hause, wenn er sich zu Besuch anmeldete.




Durch den südlichen Teil des Beaujolais und die angrenzenden Hügel der Monts de Lyonnais bin ich zwar auch zwei Mal schon mit dem Auto gefahren, aber nicht auf den Strecken, die hier heute anstehen. Auch bin ich da bislang wirklich nur durchgefahren, ohne Stopps und bleibende Erinnerung...





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen